Mittwoch, 30. Juni 2010

Cat Down Under - Teil 16

Wenn man 10 Stunden zwischen Apfelbäumen steht, muss man sich am Abend schonmal ablenken. Leider sah das Freizeitprogramm nicht so spannend aus, aber wenn 60 weitere Menschen im gleichen Hostel wohnen, sollte einem eigentlich nicht zuu schnell langweilig werden.

Wir hatten eh total Glück mit dem Cottage, denn dort wohnte man wie in einer kleinen WG. Schnell zogen auch sämtliche Bewohner aus dem kleinen Häuschen aus und wurden durch andere ersetzt. Zum Glück für uns, denn wir waren neu, platzten einfach in diese eingeschworene Truppe herein und fanden nur schwer Anschluss. Natürlich wechselte man ein paar Worte mit den anderen Bewohnern aber eine tiefe Freundschaft entstand daraus nicht.
Dann zogen auf einmal 5 Deutsche ein, 4 weitere Deutsche befanden sich im großen Mainhouse und auf einmal bestand 50% der Hostelbewohner aus Deutschen und nicht aus Asiaten, wie es normalerweise der Fall ist.
Viele werden jetzt wohl die Augen verdrehen, denn schließlich kommt man nach Australien, um weg von den ganzen Deutschen und der Sprache zu kommen. Aber wenn man bereits 5 Monate unterwegs ist und auf der gesamten Reise vielleicht mit 10 Deutschen gesprochen hat und sonst immer nur mit Franzosen oder Engländern, kann das wirklich befreiend sein. Es ist auch viel einfacher jemanden in der gleichen Sprache das Herz auszuschütten, sich über die Arbeitgeber aufzuregen oder über die Hostelmenschen zu lästern, als wenn man erstmal überlegen muss, was dieses und jenes Wort auf Englisch heißt und man immer noch Angst hat, dass man den Satz gerade falsch gebildet hat. 
Wir verstanden uns alle recht gut, saßen beim Abendessen zusammen, schauten danach im Cottage Fernsehen und planten den Samstagabend gemeinsam. Schließlich hatten wir nur Sonntag frei und das musste ja ausgenutzt werden, denn wir konnten nur am Samstag feiern, weil wir an den anderen Tagen einfach zu kaputt waren. Nach der Arbeit wurde nur schnell geduscht, gekocht, gegessen und dann vor dem Fernseher oder in der Küche entspannt. Um 22 Uhr ging es spätestens ins Bett, wenn man nicht eh schon vor dem Fernseher eingeschlafen war.
Nur am Donnerstag musste man sich noch einmal zusammenreißen, weil dort nicht nur Zahltag, sondern auch Shoppingday war. Man fuhr mit dem Hostelbus für eine (!) Stunde in die 20min. entfernte Stadt und durfte dann einkaufen gehen. Im örtlichen Supermarkt und im Bottle Shop. Der alkohol musste danach allerdings bei den Hostelmenschen abgegeben werden. Wir versteckten ihn lieber, denn bei denen wusste man nie, ob sie den aus religiösen Gründen nicht doch vernichten oder verbrennen würden. 

hier durften wir jeden Donnerstag für eine Stunde einkaufen gehen

Eine Stunde ist wenig und um 18 Uhr hatten wirklich nur noch diese beiden Geschäfte geöffnet. Wenn man eine neue Hose oder einen dicken Pulli benötigte (was irgendwann einfach der Fall ist), musste man die Hostelmenschen überreden früher loszufahren, um dann noch zu Target rennen zu können. Wenn man Glück hatte, gab es einen Day Off, weil es regnete und man deswegen nicht pflücken konnte. Sofort wurden Menschen mit Autos überredet einen in die Stadt zu fahren (wir hatten zum Glück irgendwie immer jemanden mit Auto im Nachbarzimmer) um z.B. Bücher kaufen zu gehen, DVDs auszuleihen oder eben nach Klamotten zu gucken. 

  Stanthorpes "Highlight". Der Brass Monkey

Der zweite Tag in der Woche an dem man sich zusammenreißen musste, war eben der Samstag. Schnell wurde geduscht, das Abendessen durch Instantnoodles ersetzt und sich dann in aller Ruhe geschminkt, die Haare geglättet und dabei aufgeregt das erste Gläschen Goon getrunken.
Am Samstag ging es nämlich immer zum "Happy Apple", einem Campingplatz mit Lagerfeuer und wo Alkohol erlaubt war (allerdings durften wir Summit Bewohner nur bis 0.30Uhr bleiben). Später dann ins Pub, weil es draußen einfach zu kalt war. Dafür mussten viele Leute organisiert werden, um die Taxikosten niedrig zu halten. Natürlich wollten uns die Hostelmenschen nicht nachts betrunken aus der Stadt holen...um Gottes Willen...der Anblick wäre wohl zu gruselig gewesen. 

Alkohol wurde sofort konfisziert, fand man Gras, gab es ne nette Botschaft haha

Aber Australien ist etwas seltsam was die Öffnungszeiten von Kneipen angeht. Sie hat ab Vormittag geöffnet, macht dann aber schon um 0Uhr dicht und schon wieder steht man auf der Straße, wo die Nacht doch gerade erst angefangen hatte. Aber inzwischen kannte man ja ein paar "Dorfbewohner", die freundlicherweise ihre Wohnung zum weiterfeiern zur Verfügung stellten und zwar für ca. 20 Backpacker, die alle in eine winzige Ein-Zimmer-Wohnung passen sollten. Natürlich artete das aus, keiner wusste, wo man sich gerade befand, weil alle blind den Bewohnern hinterhergedackelt sind und ein Taxi konnte auch nicht gerufen werden. Ich frage mich noch heute, wie wir da heil wieder rausgekommen sind. Aber das frage ich mich eh bei vielen Sachen, die in Australien passiert sind. EIGENTLICH hätte ich mindestens 3mal verletzt im Krankenhaus liegen müssen. Aber wie gesagt ... Felix Felicis.

Nudeln kochen mit Wasserkocher nachts um 3Uhr. War ekelhaft

Manche von euch kennen vielleicht den Film "Wolf Creek". Ein australischer Horror Film, der die Geschichte von 3 Backpackern erzählt. Sie wollen sich einen Krater an der Westküste angucken, sind mit dem Auto unterwegs, was dann plötzlich den Geist aufgibt. Per Anhalter werden sie dann von einem Farmer mitgenommen, der sie dann grausam quält und ermordet.
Der Film ruht auf teilweise wahren Begebenheiten, denn es ist schon öfters vorgekommen, dass Backpacker im Outback verschleppt und getötet wurden. Als wir uns in Australien befanden, las ich bei studivz über 2 deutsche Backpacker, die spurlos verschwunden sind.
Den Film konnte man in jedem Hostel sehen, schließlich waren wir alle Backpacker und man wollte sich gegenseitig Angst machen.
Das hielt aber niemanden davon ab weiterhin per Anhalter zu fahren. Schließlich war das die billigste Möglichkeit von A nach B zu kommen.
Als wir einen Tag frei hatten, keiner mit Auto da war bzw. fahren wollte und auch die Hostelmenschen nicht aufzufinden waren, beschlossen auch wir per Anhalter zu fahren. Bei den anderen hatte es ja auch gut geklappt.
Wir liefen über eine halbe Stunde erfolglos an der Straße entlang, bis endlich ein Farmer im Pick-Up anhielt. Er hatte bereits das schwedische Pärchen aus unserem Hostel hinten drauf und daher stuften wir ihn dann als sehr vertrauenswürdig ein. Zwei durften sich sogar nach vorne setzen, zu dritt saßen wir hinten auf der Ladefläche und dann gings los. 
Diese Art zu reisen kannten wir schon von der Apfelfarm, dort wurden wir nämlich öfters mit dem Pick- Up auf andere Farmen gefahren. Aber da interessiert das auch niemanden, wenn Arbeiter auf der Ladefläche des Pick-Ups sitzen. Auf den Straßen ist das aber nicht erlaubt, weswegen der Farmer einen Umweg fahren wollte. Er fuhr in eine Seitenstraße, die leider mit einer riesigen Holzplanke versperrt wurde. Währenddessen fragten wir uns hinten, was er vorhabe, wieso er alle 10sek. die Straßenseite wechselt und überhaupt. Nachdem er kurz vor der Planke nochmal aufs Gaspedal trat, befürchteten wir alle, dass er diese nun durchfahren würde und wir alle im Graben dahinter landen würden. Die im Fahrerraum hielten ihn aber davon ab und er schlug auf einmal eine Seitenstraße ein ...
wir blickten alle dem endlosen Feldweg entgegen, dachten alle "scheiße ... so fangen doch die schlechten, amerikanischen Horror Filme an, in denen die Jugendliche alle zum Schluss tot sind" und waren ganz erstaunt als der Wagen auf einmal hielt. Der Schwede neben mir suchte bereits verzweifelt nach einem harten Gegenstand, mit dem er den Farmer notfalls niederschlagen konnte. Und dann ging auf einmal die Tür auf und die anderen Beiden sprangen hysterisch aus dem Wagen und schrien uns zu, dass wir dies auch tun sollten. Panisch rutschten wir von der Ladefläche und hörten uns an, was die anderen zu sagen hatten "der Farmer ist komplett betrunken...wollte auf der rechten Seite fahren, als wir ihm erzählt haben, dass wir aus Europa kommen ... wollte die Holzplanke durchfahren, weil er dachte, dass dort ein Weg sei ... total gestört ... total bescheuert ... totale Fahne ... "
Ok...wie ein Psychopath hörte er sich aber nicht an, würde uns also nicht töten...gut...
trotzdem stiegen wir nicht ein, als er meinte, dass er uns jetzt in die Stadt fahren würde. Daher liefen wir auf den Highway und versuchten zu 5. einen Wagen anzuhalten. dass das nicht klappen konnte, war uns nach ca. 10sek. klar. Dann kam der Farmer wieder und sprach 5min. auf uns ein, dass er uns jetzt ganz vorsichtig in die Stadt fahren würde...was hatten wir denn für eine Wahl? Wir waren immernoch 20km von der Stadt entfernt, laufen war unmöglich. Also sprangen wir wieder auf die ladefläche, sollten unsere Kapuzen tragen und uns ganz klein machen, wenn die Polizei vorbei kommen sollte, schließlich war das ja nach wie vor illegal. Genau wie das per Anhalter fahren an sich. Aber wen interessiert das schon.
Nach 15 ewig langen Minuten und zahlreichen Autofahrern, die uns zuhupten, weil das verboten ist, was wir geraden machten, erreichten wir aber sicher die Stadt und konnten mit zitternden Beinen den Pick-Up verlassen.
Natürlich hat uns das nicht davon abgehalten auch die Rückfahrt wieder per Anhalter zu fahren. Da hatten wir aber mehr Glück, landeten im klimatisierten Auto eines Beamten, der uns gut gelaunt zum Hostel fuhr und dafür nur ein bisschen Backpacker-Gelaber hören wollte. 

ewig lange Feldstraßen, die vielleicht von 20 Autos am Tag befahren werden

Abends sahen wir dann mit ein paar anderen Backpackern Wolf Creek und auch Texas Chainsaw Massacre auf DVD an. Konnte ja nicht schaden, mal zu sehen, was uns alles hätte passieren können.

2 Kommentare:

  1. Du schreibst das immer richtig toll und spannen *__* ! Weiter so ;D Ich mag deinen Blog total.

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